Albanologie
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Gastvortrag von Prof. Dr. Andrej Sobolev: Slaven und Albaner sprachliches Neben- und Miteinander auf dem Balkan

Am Mittwoch, den 20.01.2016, hielt Prof. Dr. Andrej Sobolev einen Gastvortrag zum Thema „Slaven und Albaner: sprachliches Neben- und Miteinander“. Die breite Auslegung des Vortrags ermöglichte eine Betrachtung der albanisch-slawischen Sprach- und Kulturbeziehung aus unterschiedlichen Perspektiven, in denen Aspekte der Balkanlinguistik und sprachlichen Typologie nicht fehlten.

21.01.2016

Der Vortrag begann mit einer Festlegung basaler Prämissen, um eine wissenschaftlich exakte Untersuchung eines „sprachlichen Neben- und Miteinander“ zweier Ethnien auf einem Raum wie dem Balkan zu gewährleisten. So war es entgegen der heutigen demographischen Verhältnisse auf der Balkanhalbinsel noch bis zu Beginn des 20. Jh. nicht möglich, von Völkern bzw. größeren ethnischen Gemeinschaften zu sprechen, sondern viel eher von räumlich gebundenen Gesellschaften. Diese bestanden keineswegs aus einer sprachlich homogenen Gruppe, sondern waren hinsichtlich ihrer ethnischen und sprachlichen Zusammensetzung gemischt.

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Hier setzten weitere Auslegungen des Vortrags an: derartige ethnisch-sprachliche Konstellationen führten zu jenen Konvergenzen, für die vor allem der Balkan bekannt ist und die heute vom Begriff Balkansprachbund überdacht werden. Die sprachliche Annährung vor allem unter Slawen und Albanern erfolgte in mehreren Etappen, aufgrund unterschiedlicher Einflussfaktoren und schlug sich in mehreren Ebenen der Sprache unterschiedlich nieder. So sind die meisten slawischen Einflüsse im Albanischen, aber auch im Rumänischen, in erster Linie in der Lexik zu suchen, wohingegen diese im Bereich der Morphosyntax nahezu gänzlich fehlen. Hinsichtlich der Diachronie ist es wichtig, den Zeitraum so breit wie möglich zu fassen: um die Veränderungen, die das Albanische im Zuge seiner sprachlichen Entwicklung durchlief, genau beschreiben und nachvollziehen zu können, müssen die historischen und kulturellen Veränderungen der letzten 2000 Jahre berücksichtigt werden. Während des Vortrages wurde in diesem Zusammenhang auch auf die im Balkanraum stets wiederkehrende Ost-West-Dichotomie hingewiesen, wie sie bspw. in der thrakisch-illyrischen, griechisch-lateinischen oder ost- und westtürkische Zweiteilung vorlag. In Anbetracht dieser stets wechselnden Bedingungen und dem damit einhergehenden Assimilationsdruck, ist es nicht verwunderlich, dass es in vielen Fällen nicht nur bei einer ein- oder gegenseitigen Beeinflussung blieb, sondern es auch zur Übernahme einer fremden, dominanteren Sprache kam: Als anschauliches Beispiel wurde das Dalmatische genannt, das aufgrund des slawischen Spracheinflusses im 19. Jh. komplett verschwand.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Vortrag von Prof. Dr. Andrej Sobolev eine knappe und zugleich umfassende Einsicht in den aktuellen Forschungsstand über die albanische-slawischen Sprach- und Kulturbeziehungen lieferte.