Albanologie
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Wir nehmen Abschied von Herrn Prof. Dr. Wilfried Fiedler

11.09.2019

MITTEILUNG

Professor Dr. Wilfried Fiedler scheidet aus dem Leben

Die Albanologie in Deutschland wird in diesem Jahr erneut von einer bitteren Nachricht erschüttert. Ganz unerwartet ist Wilfried Fiedler von uns geschieden, der innerhalb des kulturellen und intellektuellen Diskurses in Albanien und auf dem Balkan wohlbekannt war als größter und produktivster Kenner auf dem Gebiet der sprachwissenschaftlichen albano-logischen und balkanologischen Forschungen im ganzen deutschsprachigen Raum. Er war korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Künste Kosovas sowie der Akademie der Wissenschaften Albaniens.
Wilfried Fiedler wurde 1933 in Oberfrohna (Sachsen/Deu-tschland) geboren, zog aber bereits zu Jugendzeiten nach Berlin, wo er an der Humboldt-Universität in den Bereichen der Slawistik und anderer ost- und südosteuropäischer Philologien studierte. 1955 begann er seine akademische Laufbahn als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Volkskultur an der Akademie der Wissen-schaften Deutschlands (in Ostberlin). Vier Jahre später, als er bereits tiefgehende Kenntnisse des Albanischen erworben hatte, wurde er Dozent an der Humboldt-Universität. Diese Tätigkeit prägte 30 Jahre lang sein wissenschaftlich-akademisches sowie sein intellektuelles Schaffen (1957-1989). Die Wiedervereinigung Deutschlands führte Fiedler in den Westen an die Ludwig-Maximilians-Universität in München, wo er Nachfolger der Professur für Albanologie werden sollte, die einst von Professor Martin Camaj gegründet worden war. Diese Stellung hielt er bis zu seiner Pensionierung inne (1991-1998). Das universitäre Engagement blieb neben der wissenschaftlichen Betätigung bis zuletzt Teil seines aktiven Lebens als gefragter Experte des Albanischen, sowohl an der LMU München als auch an der Universität Jena.

Wilfried Fiedler kam bereits im Jahre 1957 im Laufe einer mehrmonatigen ethnogra-phischen Feldforschung mit der albanischen Sprache in Kontakt. Für sein mehr als sechs Jahrzehnte währendes Zusammenleben mit den albanologischen Wissenschaften übte die Bekanntschaft mit dem albanischen Gelehrten Eqrem Çabej einen erheblichen Einfluss aus. Mit ihm unterhielt Fiedler eine intensive Korrespondenz, bis Çabej 1980 aus dem Leben schied.
Das wissenschaftliche Schaffen Wilfried Fiedlers zeichnet sich durch die breite Palette an Veröffentlichungen aus, für die er als Autor oder Mitautor auf vielen Gebieten der Balkan- und Osteuropaphilologien verantwortlich war. Sein letztes Werk, die „Vergleichende Grammatik der Balkansprachen“ (ASHAK 2018, 830 S.), stellt einen Höhepunkt dar in der fast zwei Jahrhunderte währenden Tradition balkanologischer Forschungen. Es ist derweil nicht leicht, einen Forschungsbereich auszumachen, in dem dieser Koloss eines Gelehrten nicht unauslöschbare Spuren in der albanischen Sprachwissenschaft hinterlassen hat. Hierzu zählen seine zweisprachigen Wörterbücher Albanisch-Deutsch und Deutsch-Albanisch (1977-), die „Grammatik der albanischen Sprache“ (1987), „Das Verbalsystem des Meshari von Gjon Buzuku“ (ASHAK 2004), „Die Pluralbildung im Albanischen“ (ASHAK 2007), sowie andere eigenständige Arbeiten, die einen unglaublichen Umfang von 180 Titeln ausmachen.

Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit war Wilfried Fiedler in seinem Freundeskreis als Verehrer der Musik bekannt, der Veranstalter und Mitglied des Akademischen Orchesters der Humboldt-Universität war (1966) sowie ein Virtuose auf der Oboe und einer Reihe seltener Musikinstrumente.

Dass er nun von uns geht, ist ein herber Verlust für alle Freunde, Kollegen und für die gesamte wissenschaftliche Welt der Albanologie, die sich in diesen Augenblicken der Trauer und des Beileids voller Respekt und besonderer Ehrerbietung an ihn erinnert, als einen Wegweiser der albanischen Sprachwissenschaft.

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